Eine Woche wandern gehen in Österreich mit wunderschönem Bergpanorama, atemberaubender Natur und Übernachtung in der Hütte - was für manche wie ein Sommerurlaubstraum klingt, wurde für 19 SchülerInnen des Rutheneums Gera direkt in der ersten Schulwoche des neuen Schuljahres Realität. Nach einem Jahr erzwungener Corona-Pause konnte die Tradition der Alpentour der Schule endlich wieder stattfinden. Mit ein wenig Müdigkeit, aber dafür auch umso mehr Vorfreude in den Gesichtern versammelten sich alle TeilnehmerInnen am 7. September 2021 um 5 Uhr morgens vor der Schule, um noch im Dunkeln die Anreise anzutreten. Mit komfortablen Kleinbussen ging es dann der Sonne und vor allem den schönen Alpen entgegen. Nach ein paar Stunden auf der Autobahn kam schon das erste Ereignis auf uns zu: Was sich zunächst als stockender Verkehr und schließlich als ein sehr langer Stau zeigte, entpuppte sich als Protest von Umweltaktivisten, welche den Verkehr lahmgelegt hatten. Um gegen die Automesse IAA Mobility in München zu protestieren, seilten sich die Aktivisten von mehreren Autobahnbrücken in der Region ab und erzeugten so eine künstliche Blockade, durch welche wir im Stau standen. Während einige vielleicht den Kopf hätten hängen lassen, vertrieben sich SchülerInnen, LehrerInnen und alle anderen Begleitpersonen die Zeit mit Kartenspielen, Yoga auf der Autobahn und Sonne genießen.
Nachdem zahlreiche Polizei- und Feuerwehrautos
die Rettungsgasse durchquert hatten und der Verkehr endlich wieder ins Rollen kam, konnte uns nichts mehr aufhalten. Trotz der spätesten Ankunft in der Geschichte der Alpentour meisterten alle voller Energie und Bewegungsdrang nach einer so langen Autofahrt den Aufstieg mit ca.1000 Höhenmetern in zwei bis drei Stunden sehr sportlich. Nach viel Sonnenschein, bergauf Laufen und wunderschönen Bergen um uns herum genossen alle das reichhaltige Abendessen auf der Geraer Hütte. Sie sollte für die nächsten vier Nächte unser zu Hause sein. Abends kuschelten wir uns glücklich in unsere Schlafsäcke. Am zweiten Tag war unser Tagesziel die Schöberspitzen. Als sich alle mit einem guten Frühstück ausreichend gestärkt hatten, startete die ganze Gruppe bei traumhaftem Wetter die Wanderung über einen idyllischen Gebirgsbach. Singend, lachend und motiviert wanderte die ganze Gruppe durch die eindrucksvolle Landschaft. Bei einem leckeren Picknick mit einem Ausblick der nicht schöner hätte sein können, tankten alle wieder Energie und die verbleibende Strecke verging schneller als erwartet. Während manche wahren Mut bewiesen und zum Bergsee unterhalb des Zielgipfels abstiegen, um im eiskalten Wasser baden zu gehen, stieg der andere Teil der Gruppe zum Gipfelkreuz auf, trug sich ins Gipfelbuch ein und schoß ein paar Erinnerungsfotos.
Mit guten Gesprächen und süßen Murmeltieren auf dem Rückweg verflog die Zeit unglaublich schnell. Nach so viel frischer Bergluft und Bewegung genossen alle einen entspannten Abend mit gutem Essen und Gesellschaftsspielen.
Frisch erholt ging es am dritten Wandertag auf zur Ruthenenrast, einem nach unser Schule benannten Aussichtspunkt auf 3000m Höhe. Um dorthin zu gelangen, erwartete alle eine anspruchsvolle Tour. In angemessenem Tempo und mit ausreichend Trinkpausen und Picknick stiegen alle gemeinsam immer höher und bewiesen Motivation und Ausdauer. Auch Bildung kam nicht zu kurz, da sowohl LehrerInnen als auch die Betreuenden immer wieder spannendes Wissen über Tirol, die Berge, aber auch Geschichtliches mit uns teilten und dafür sorgten, dass Langeweile gar nicht aufkommen konnte. Als das Tagesziel erreicht war, waren sich alle einig: Für eine so atemberaubende, grandiose Aussicht war es das definitiv wert! Und die Schokolade schmeckt auch gleich noch viel besser nach so einer Leistung und auf so einer Höhe. Nachdem sich alle erholt hatten und bereit waren, traten wir den mindestens genauso anspruchsvollen Abstieg an. Vorsichtig ging es den steilen Berg hinab, an dem uns teilweise nur die angebrachten Seile den Abstieg möglich machten. Alle meisterten auch den Rückweg erfolgreich und wieder auf 2324m angelangt genossen wir glücklich den Abend gemeinsam nach so einem ereignisreichen Tag.
Nach einer erholsamen Nacht bestaunten manche frühe Vögel den Sonnenaufgang gemeinsam und später ging es für alle bei klarer Morgenluft und an einem weiteren Tag perfektem Wetter auf zum Gletscher. Unsere letzte Tagestour war weniger anspruchsvoll als die Touren der vorangegangenen Tage, dafür aber nicht weniger schön.
Am Ziel angekommen bestaunten alle die riesigen Eismassen des Gletschers, die zwar beeindruckend schienen, aber trotzdem auch starke Beunruhigung bei allen aufriefen, die bereits in den vergangenen Jahren die Wandertour antraten. In den letzten Jahren ist das Eis aufgrund der Erderwärmung massiv zurückgegangen, wie es auch bei vielen weiteren Gletschern auf der ganzen Welt der Fall ist. Diesen Schwund von so beeindruckender Natur direkt vor unseren Augen zu sehen ließ uns zum einen verstehen, warum Aktivisten sich von Autobahnbrücken abseilen um ihre Mitmenschen aufzuwecken und motivierte uns gleichzeitig, selbst nachhaltiger zu leben. Die Natur unseres Planeten ist so wunderschön und wertvoll - wir dürfen nicht zulassen, dass sie weiter zerstört wird! Egal ob es zur Schule oder Arbeit laufen statt Auto fahren ist, Secondhand statt neu zu kaufen oder den Konsum von Fleisch reduzieren ist - jeder von uns kann etwas tun.
Auf dem Rückweg genossen wir noch einmal in vollen Zügen die Sonne in unserem Gesicht und das Gefühl der Freiheit, umgeben von so tollen Bergen und lieben Menschen und aßen dann ein letztes Abendessen auf der Hütte. Schließlich ließen wir die gemeinsame Tour mit einem letzten Abend voller musikalischem Programm ausklingen. Es wurde
leidenschaftlich gesungen, laut gelacht und erzählt. Besonders rührend, emotional und ein musikalischer Höhepunkt war der Beitrag von Ralf Goedicke, der seit vielen Jahren mitgefahren war und dieses Jahr zum letzten Mal mit uns auf die Hütte wanderte. Ihm gilt an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank für seine großartige Unterstützung in den vielen Jahren, seine herzliche Art und die vielen unvergesslichen Witze und Lieder die wir ihm zu verdanken haben. Ein letztes Mal fielen wir glücklich und erfüllt von einer so schönen Zeit in unsere Betten, um am nächsten Tag fit für den Abstieg zu sein. Nach einem schnellen Frühstück ging es so bei einem atemberaubenden Sonnenaufgang am
Samstag, den 11. September wieder zurück zum Parkplatz. Ein letztes Mal wurden leckere Beeren am Wegesrand genascht und zum ersten Mal während der ganzen Tour regnete es, als wäre die Natur genauso traurig wie wir uns schon wieder abreisen sehen zu müssen. Ohne weitere Zwischenfälle ging es zurück nach Gera mit vielen neuen Erinnerungen, die uns für immer bleiben werden.
Dass diese Alpentour ein so traumhaftes und reibungsloses Erlebnis war, haben wir vielen lieben Menschen zu verdanken, denen wir an dieser Stelle unbedingt ein riesengroßes Dankeschön aussprechen wollen. Für die Bereitstellung von Kleinbussen möchten wir uns ganz herzlich bei dem VW Autohaus Hermsdorfer Kreuz und dem Unternehmen Procentec GmbH bedanken sowie bei den Vätern Ralf Goedicke, Andreas Paul und Benno Dieminger, die ihre Privatfahrzeuge zur Verfügung stellten um mit uns nach Österreich zu fahren. Von ganzem Herzen möchten wir uns auch bei allen anderen Begleitpersonen bedanken, die liebevoll für uns da waren und bei jedem Problem eine Lösung gefunden haben. Das größte Dankeschön geht an Herrn Bauer, der durch sein Engagement und seine Organisation die Geraer Hüttentour überhaupt erst möglich macht und diese wundervolle Tradition am Leben erhält. Unser Dank gilt dem DAV Sektion Gera für die finanzielle Unterstützung. Zuletzt wollen wir uns natürlich auch ganz sehr bei den Hüttenwirten Katharina und Arthur Lanthaler bedanken, die jedes Jahr mit ihrer Gastfreundschaft, Herzlichkeit und ihrem Einsatz die Tour zu etwas ganz Besonderem machen. Für das Jahr 2022 ist die Jubiläumstour geplant, bei der zum 25 mal Schüler zur Geraer Hütte fahren wollen. Aus diesem Anlaß wird es eine besondere Hüttentour geben.
Es soll vom Brennersee über Europahütte, Pfitscher-Joch-Haus und Alpainer Scharte zur Geraer Hütte gehen.
Maria Wegel Klasse 13m