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Erschienen in: Ausgabe Oktober 2017 als Gastbeitrag



Nach einer kurzen Einweisung und der Aneignung diverser Knoten ziehen wir auch schon die ersten Segel hoch und nehmen Kurs auf den Ort Lauterbach bei Putbus auf der Insel Rügen. Bei strömendem Regen und Windstärke 6 verlassen wir den Hafen Stralsunds, doch dieses Wetter ist keinesfalls Anlass, unseren Segeltörn (Bezeichnung für eine Strecke oder Reise, die mit einem Segelboot zurückgelegt wird) abzubrechen. Im Gegenteil, es ist ein unglaubliches Erlebnis, bei derartigen Bedingungen die Ostsee zu überqueren. Von nun an muss sich der ganze Körper der scharfen Neigung und dem Schaukeln des Schiffes anpassen, jeder muss stets bereit sein, den Anweisungen des Kapitäns Folge zu leisten, viel mehr noch, wir müssen zu jeder Zeit zusammenarbeiten und uns gegenseitig helfen – ein Attribut, welches wir durch unser gemeinsames Singen im Chor glücklicherweise bereits besitzen. Nachdem erste Sonnenstrahlen den Segler treffen und der Regen sich verzogen hat, sitzen wir an Deck, trinken Kaffee und Tee, während wir dem Wind lauschen, der sich in unseren Segeln verfängt. Die Ersten unserer Gemeinschaft fühlen sich berufen, auf das am Klüverbaum (Holzmast, an dem der Klüver, das Vordersegel, befestigt ist) angebrachte Netz zu klettern und sich gemütlich hineinzulegen oder den Ausblick zu genießen. Am Abend legen wir in Lauterbach an.



Julia wirft gekonnt das schwere Tau wie ein Lasso und trifft den Poller an der gegenüberliegenden Anlegestelle beim ersten Versuch. Sowohl wir als auch vorbeilaufende Passanten können dieser Aktion nur unseren Beifall zollen. Während einige den Proviant für den nächsten Tag besorgen, ziehen andere einen Spaziergang an der Promenade in Erwägung, bis schließlich alle gemeinsam das selbstgekochte Abendbrot zu sich nehmen können. Nach einem lustigen Abend voller Unterhaltung legen wir uns in die engen Kajüten, um uns auf den zweiten Tag auf See vorzubereiten. Der neue Morgen beginnt und jeder hat sich an den Duschplan zu halten, zumindest so gut es geht, damit wir uns zusammen an einem ausgiebigen Frühstück erfreuen können. Nach einer kurzen Ansprache des Kapitäns legen wir auch schon wieder ab und sehen dabei zu, wohin der Wind uns trägt. Der Tag verläuft ruhig. Die Einen spielen unter Deck Karten oder spülen das Geschirr vom Vortag ab, die Anderen schlafen an Deck oder steuern mal das Schiff, was sich als schwieriger herausstellt, als im Vorfeld zu vermuten ist. Die Ersten spüren schon einen leichten Anflug der berüchtigten Seekrankheit, wobei sie jedoch glücklicherweise während der ganzen Fahrt bei niemandem zum Ausbruch kam. Gegen Abend steuern wir eine kleine Insel mit dem Namen Ruden am südlichen Ende der Greifswalder Boddenrandschwelle an. Eigentlich wollten wir am zugehörigen Pier anlegen, durften dort jedoch aufgrund der maroden Anlage, welche zum Sperrgebiet erklärt wurde, nicht bleiben. Aus diesem Grund waren wir dazu gezwungen, vor der Küste der Insel zu ankern. Diese Gelegenheit nutzten wir sofort, um im Licht der untergehenden Sonne zu baden. Während die Meisten sich langsam über die Holzleiter in die 17 Grad kalte Ostsee tasteten, sprangen ein Paar von uns waghalsig in die Tiefe, um den Kälteschock ihres Lebens zu bekommen. Da die Nacht jedoch schnell hereinbrach und das Wasser unsere Körper erstarren ließ, stiegen wir nach kurzer Zeit wieder auf das Schiff, um uns zu wärmen und das Abendessen zu genießen. Das Schlafen ist in dieser Nacht unangenehm, da wir das Schaukeln des Seglers deutlich spüren. Als wir alle aufwachen, ahnen wir noch nicht, dass sich dieser Tag in unsere Köpfe einbrennen wird. Der Morgen beginnt so wie der Letzte begonnen hat. Wir setzen die Segel und nehmen Kurs auf Greifswald. Es ist ein wunderschöner, sonniger Tag, doch am Horizont ziehen einige Wolken auf. Vielleicht ist es ja Regen, doch treffen wird er uns wahrscheinlich nicht. Gegen Mittag jedoch passiert etwas, das noch keiner von uns mit seinen eigenen Augen gesehen hat. Aus den Regenwolken steigt ein Tornado [Hintergrund] herab. Keiner kann seinen Blick davon lassen, vor allem, da er weit genug weg ist, um nicht von ihm getroffen zu werden und nah genug, um ihn in seiner vollen Pracht zu erleben. Der Blick durch das Fernglas des Kapitäns ist noch erstaunlicher. Dieses Naturereignis verblasst nach ca. 10 Minuten und der Trichter verschwindet in einem Gemisch aus Regen und Nebel am Horizont. Doch kaum ist Ruhe unter uns eingekehrt, so lässt ein Funkspruch wieder unseren Atem stocken. Zwei Männer befinden sich in der Nähe des Strandes von Rügen in Seenot. Wir müssen sofort scharf wenden. „Okay, wir ziehen jetzt das Großsegel hoch. Auf mein Kommando zieht ihr an dem Seil“, ruft Julia uns zu – eine Anweisung, auf die wir alle gespannt an Deck der „Jan Huygen“ warten. Mit kräftiger Stimme befiehlt sie: „Jetzt!“ – Alle ziehen so stark, wie es die eigene Kraft zulässt, um zu sehen, wie das Segel in die Höhe steigt. Anschließend wird nur noch die Leine an Bord festgemacht und wir sehen zu, wie das Schiff rasch über die Wellen gleitet. Kapitän van Linschoten wirft dazu den Motor an, um endgültig mit voller Kraft in Richtung der Ertrinkenden zu fahren. Das Schiff neigt sich auf fast 15 Grad Backbord bei einer Geschwindigkeit von 8 Knoten. In der Küche unter Deck wirbeln alle Töpfe durch die Gegend und das Laufen, geschweige denn das Stehen ist schier unmöglich. Alle auf dem Schiff sind besorgt, besorgt um das Leben der Männer in Not. Kurz bevor wir am Ziel sind, erreicht uns über Funk eine weitere Nachricht. Einer der beiden Schwimmer wurde gerettet, der andere wird von einem Tauchteam gesucht. Am Abend erreichen wir Greifswald und erhalten die Mitteilung, dass der zweite Mann, ein erst 28-jähriger, ertrunken ist, ein Fakt, der viele von uns niederschlägt, auch wenn wir diesen Menschen nie kennengelernt haben. Die Stimmung hebt sich, als wir nach einer langen Zeit endlich mit dem Grillen beginnen. Nachdem eine vielfältige Auswahl an Speisen herzlichst gegessen wurde, kamen wir auf die Idee, Herman und Julia ein einzigartiges Erlebnis darzubieten. Wir singen an unserem letzten Abend für sie. Ob mit traditionellen Chorstücken oder mit modernen Popklassikern, sowohl Herman und Julia, als auch einige Spaziergänger im Greifswalder Hafen sind sichtlich angetan von unserem Gesang. In der Nacht sitzen wir alle im Aufenthaltsraum. Wir lachen und erzählen bei lustigen Spielen, wohlwissend, dass wir uns leider nicht so schnell wiedersehen.



Am letzten Tag segeln wir bei ruhiger See nach Stralsund zurück. In jedem Kopf stecken noch die Ereignisse des Vortags und die Rückkehr nach Gera. Mit einem letzten kreativen Eintrag in das Gästebuch des Schiffes verabschieden wir uns. Der Kapitän hält eine letzte Abschlussrede und schenkt uns ein gemeinsames Foto zur Erinnerung. Die Fahrt nach Gera verläuft ruhig, und mit einem wehmütigen Gefühl im Bauch erreichen wir am 24.08.2017 um 23 Uhr unser Zuhause.

Von Julian Brandes


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