Hexen und Kreischgesang in der Johanniskirche


Großes Werk: Wie sich Schüler der Musikspezialklasse des Rutheneums auf eine besondere Aufführung vorbereiten. Premiere: 9. März

Pressefoto
Während der Probe für die Opernaufführung „Dido und Aeneas“. (Foto: Ralf Runge)

Kurz vor dem Betreten der Aula. „Erschrecken Sie nicht, ich sehe heute etwas anders aus als sonst“, so Paula, eine Schülerin der 12m, die mich mit stark geschminktem Gesicht anschaut- dunkelblauer Lidschatten, schwarz nachgezeichnete Augenkonturen.

Eine Hexe darf nicht schön klingen

Etwas gespenstisch, soll es auch, denn heute ist sie eine der beiden Hexen in Henry Purcells Barockoper „Dido und Aeneas“. Auch in der Aula, dem Probenraum, ein ungewohnter Anblick und fremde Klänge. Der Konzertchor, der ansonsten stramm vor dem Chorleiter Christian K. Frank steht, bewegt sich langsam kniend, fast yogamäßig zur Musik des Cembalos, die der Chorleiter spielt, der aber diesmal nicht im Vordergrund steht. Dort singen Schüler des Chores solistisch in Hauptrollen von Purcells Oper, ebenfalls in „dämonischer“ Pose und dazu passendem, etwas kreischendem Gesang, nicht wie sonst in klassisch braver Haltung und antrainierter Gesangstechnik. Eine Hexe darf nicht schön klingen.

Sybille Tancke, die seit einiger Zeit am Gymnasium Rutheneum Schüler in Bühnenpräsenz unterrichtet, steht am Rand und gibt für den Chor während des Singens choreographische Anweisungen. Die Choristen trainieren an diesem Nachmittag erstmalig mit den Solisten in der durch Schüler und der Spielleiterin ausgedachten Choreographie. Alle sind konzentriert, aber voller Freude und großer Motivation. 18 Uhr- abschließende Worte der Ensembleleiter Tancke und Frank: „Wir sind begeistert. Es hat alles so geklappt, wie wir es uns dachten und ihr wart heute großartig. Ruht euch erst einmal aus. Morgen geht es weiter.“

Langsam wird es für alle Beteiligten ernst. Am Samstag, dem 9. März, soll die Premiere um 19 Uhr in der Johanniskirche sein, zusammen mit Solisten des Reußischen Kammerorchesters. Am Montag, dem 11. März gibt es eine zweite Vorstellung, diesmal für Schulklassen verschiedener Schulen der Stadt Gera, die das Projekt mit 4500 € aus dem Fond der Kulturförderung unterstützt.

Sage als Grundlage

Purcell hat etwa 50 Schauspielmusiken (Masques) und sechs Semiopera (freiere Formen einer Oper) geschrieben, die heute kaum Beachtung finden, damals aber sehr geschätzt wurden. Purcells einzige vollgültige Oper ist der einstündige Dreiakter „Dido und Aeneas“ aus dem Jahr 1689.

Der Inhalt dieser Oper geht auf die Sage von Vergil (70 – 19 v.Chr.) zurück. Der trojanische Held Aeneas gelangt nach dem Untergang Trojas auf seinen Irrfahrten durch das Mittelmeer nach Karthago, wo die Königin Dido nach der Ermordung ihres Mannes Sychaeus Alleinherrscherin ist. Sie schwört ihrem Mann auch bis nach dem Tod ihre Treue. Doch diesen Eid bricht sie, als Amor in ihren Kelch Liebesgift schüttet, Dido sich in Aeneas verliebt und der diese Liebe erwidert. Auf einen göttlichen Befehl verlässt Aeneas Karthago, um Rom zu gründen. Die verlassene Dido gibt sich in ihrer Verzweiflung selbst den Tod.

In einem Londoner Mädchenpensionat aufgeführt

Die Oper wurde vermutlich im Frühjahr 1689 komponiert und entweder anlässlich der Krönung König Wilhelms III. und Königin Marias II. von England oder zum 27. Geburtstag der Königin uraufgeführt. Nachgewiesen ist nur eine Aufführung in einem Londoner Mädchenpensionat.

Zu Purcells Zeit war eine Darbietung in eine Schule nicht ungewöhnlich, denn aufgrund der Schließung aller öffentlichen Theater verlagerte sich nach 1642 das kulturelle Leben in private Kreise. Deshalb ist die Aufführung dieser Oper auch durch Schüler der Spezialklassen möglich. Der Beweis dafür wurde schon 2005 durch damalige Musikschüler mit großem Erfolg erbracht.

Rolle ist Ehre und Herausforderung

„Die Partie der Dido ist für mich sehr spannend, weil ich noch nie in einer Oper gesungen habe. Bis zur 9. Klasse habe ich viel Pop-Gesang studiert. Es ist nicht leicht für mich, aber es ist schön und macht riesigen Spaß“, so Alice Mosor, Schülerin der Klasse 11m. Emily Waldenmaier in der Rolle der Hexe (Schülerin der 13m) ergänzt: „Der Chor ist auf der Bühne zweigeteilt. Da es zwei Hexen und eine Zauberin gibt, hat jede Hexe ein Spiegelbild hinter sich, eine Chorhälfte. Ich komme eigentlich vom Cello. Diese Rolle ist eine Herausforderung und Ehre für mich.“

Für authentische Kostüme

Die Solorollen wurden übrigens im vergangenen Jahr öffentlich unter den Schülern ausgeschrieben. Jeder konnte sich vorbereiten und dem Chorleiter und Sybille Tancke vorstellen. Diese ist studierte Sängerin und hat im vergangenen Jahr erfolgreich zusätzlich die Ausbildung als Musiklehrerin an der Schule abgeschlossen.“ Derzeit besorgen Schüler Kostüme, natürlich authentische, vom Theater.

Aufführungstermine

Samstag, 9. März, 19 Uhr, Johanniskirche Gera, Karten zu 22 und 18 € nach Platzlage in Brendels Buchhandlung und im Atrium des Rutheneums

Montag, 11. März, 13 Uhr , Johanniskirche nur für Schüler, Eintritt frei, aber Anmeldung über Mail: sekretariat@gymnasium-rutheneum.de erforderlich