Nach Wien, Paris und New York nun auch Gera
Für Schönbergs Gurre-Lieder in Gera und Timisoara erste gemeinsame Probe von Opernchor und Rutheneum
Die Aufführung der Gurre-Lieder in wenigen Tagen in Gera verspricht, kolossal zu werden: Bis zu 400 Musiker und Sänger auf der Bühne, die Gera allein nicht aufzubringen hat. Ein Grund auch, dass das spätromantische Werk des vor allem für seine Zwölfton-Musik bekannt gewordenen Komponisten Arnold Schönberg seit der Uraufführung 1913 in Wien bisher eher großen Konzertbühnen, etwa in London, Berlin, New York, Paris oder auch Dresden, nicht aber denen in Thüringen vorbehalten blieb.
Beitrag für die Kulturhauptstadt
Im europäischen Kulturhauptstadt-Jahr 2023 in Timisoara sind Schönbergs Gurre-Lieder zu einem gemeinsamen Projekt von Künstlern aus Gera und seiner Partnerstadt in Rumänien geworden. Beteiligt daran sind mehrere Orchester und Chöre – aus Gera und aus Timisoara. Längst haben die Proben für das gewaltige Oratorium, dessen Texte die dänische Legende von König Valdemar Atterdags Liebe zu seiner Geliebten Tove und ihrer Ermordung erzählen, begonnen: zunächst jedes beteiligte Ensemble für sich in Gera und in der rumänischen Partnerstadt. Die erste gemeinsame Chorprobe in Gera, zu der sich der Opernchor des Theaters Altenburg-Gera und der Konzertchor des Rutheneum im Konzertsaal zusammengefunden haben, ist vor wenigen Tagen erst erklungen.
„Und es wird vorerst auch die einzige gemeinsame Probe bleiben – so gut hat es geklappt“, sagt Opernchordirektor Alexandros Diamantis. Zwischen den Chorleitern gebe es aber einen sehr engen Austausch: „Wir müssen das Stück auf gleiche Weise einstudieren.“ Die ersten Kontakte zwischen den Ensembleleitern beider Partnerstädte hatte es bereits im Winter gegeben, noch ehe die Proben begannen. Gemeinsam mit dem Chorleiter vom Rutheneum, Christian K. Frank, sei er nach Rumänien gereist zu einem ersten Austausch, berichtet Diamantis: „Die Begegnung mit den Chorleiter-Kollegen dort war nicht nur sehr nett, sondern auch sehr professionell.“
Mit der Einstudierung der Gurre-Lieder hatten die 21 Sängerinnen und Sänger des hiesigen Opernchores bereits im April begonnen. Am Rutheneum waren die Proben der knapp 60 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten vor der Sommerpause gestartet und wurden mit einem Chorlager danach intensiv fortgesetzt. Es dauere seine Zeit, bis alles sitzt, da etliche Passagen sehr schwierig seien, stellen beiden Chorleiter fest. Zumal der Opernchor neben dem Lied-Projekt weitere Aufgaben hat für Inszenierungen des Theaters. Und die Chormitglieder am Rutheneum auch in der „normalen“ Schulausbildung sind.
Das gewaltige Werk sei sehr anspruchsvoll und die Klangmassen des Orchesters verlangen nach einem großen Gesangsensemble mit mehreren Chören. Die größte Herausforderung sei das Finale, stellen Rutheneum-Chorleiter Frank und der Opernchordirektor gleichermaßen fest. Das sei sehr hoch, mit sehr langen Tönen, die gerade für jugendliche Stimmen schwer zu halten seien.
In etwa einer Woche werden die Musiker und Sänger aus der rumänischen Partnerstadt in Gera erwartet. Dann beginnen die gemeinsamen Proben aller Ensemble – im Kultur- und Kongresszentrum, dort wo die Gurre-Lieder am 22. und 23. September auch aufgeführt werden, weil der Konzertsaal weder für die Zahl der Mitwirkenden noch für die Klangmassen ausreicht.
Nach den Konzerten werden die Geraer Sänger und Musiker in die Kulturhauptstadt Europas 2023 reisen. In Timisoara wird das Oratorium unter freiem Himmel erklingen – „noch einmal eine völlig neue Erfahrung.“
Thüringische Landeszeitung, Gera, 09.09.2023, Angelika Munteanu