Braucht Gera wieder ein Posthumus-Denkmal?


Der Landesherr, dem es gewidmet war, gründete auch das heutige Rutheneum seit 1608

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Die Bronzeplastik von Posthumus, die von 1863 bis 1958 auf dem Johannisplatz Gera stand. Foto: Stadtarchiv

Die Frage ist mit einem klaren „Ja“ zu beantworten. Mit der Neugestaltung des Platzes rund um das Gymnasium „Rutheneum seit 1608“ ist das Fehlen des Denkmals noch spürbarer und der schwarze Block, der den ehemaligen Standort des Denkmals markieren soll, wirkt noch verlorener und unsinniger als bisher.

Dieser Block, 2006 oder 2007 geschaffen, sollte zum Verweilen einladen und an die am 18. September 1780 beim großen Stadtbrand abgebrannte Johanniskirche und das Posthumus-Denkmal erinnern. Es ist zu bezweifeln, dass dies jemals gelang. Woher soll der Ortsunkundige oder die jüngere Generation dieses Wissen hernehmen?

450. Geburtstag am 10. Juni

Auf den Platz sollte ursprünglich ein Tisch mit einem Spruch von Posthumus gestellt werden. Diesen Tisch hat es nie gegeben. Am 10. Juni 2022 begehen wir den 450. Geburtstag von Heinrich Posthumus, im allgemeinen Sprachgebrauch nur Posthumus genannt. Das ist Anlass, über das neue Denkmal nachzudenken. Das zuvor dort vorhandene wurde 1958 entfernt.

Heinrich der Jüngere Reuß von Plauen (1572-1635) mit dem Beinamen Posthumus, „der Nachgeborene“, übernahm im Alter von 23 Jahren 1595 die Regierung des Fürstenhaus Reuss j.L. Im Verlauf seiner Regierungszeit erwarb er sich Verdienste als Begründer des gewerblichen Wohlstandes, Ausbau der Rechtspflege und des Bildungswesens. Die Gründung des Gymnasiums Rutheneum ist sein Werk und besonders die Unterstützung der aus Flandern vertriebenen Zeugmacher brachte einen großen Wohlstand für die Stadt Gera.

Denkmal 1863 eingeweiht

Bereits seit 1858 gab es in Gera ein „Comitee“ zur Erbauung eines Denkmales für den Landesherren Heinrich den Jüngeren Reuss von Plauen (10.06.1572 – 03.12.1635), genannt Posthumus. Das Vorlagemodell des Denkmals für Heinrich Posthumus fertigte der damalige Direktor der Nürnberger Kunstschule, August Kreling. Er war 1861 vom „Comitee“ dazu beauftragt worden. 1863 erfolgte der Guss des Denkmals bei Lenz und Herold in Nürnberg. Am 12. Juli 1863 wurde es auf dem Johannisplatz eingeweiht.

1958 wird Bronzeplastik entfernt

In einer Nacht- und Nebelaktion vom 24. auf den 25. April 1958 erfolgte der Abriss des Denkmals und bis heute konnte nicht geklärt werden, wohin es gebracht und vermutlich eingeschmolzen wurde.

Umfangreiche Recherchen nach 1990 lassen jedoch den Schluss zu, dass es keinesfalls in der Bronzeplastik des sowjetischen Ehrenhains in der Straße des Bergmanns Verwendung fand. Dieses Gerücht hält sich hartnäckig unter den alten Einwohnern in Gera. Am 26. Januar 1991 gründete sich in Gera ein Verein namens „Reussischer Posthumus Verein e.V.“ mit der Zielstellung der Wiedererrichtung eines Denkmals zu Ehren von Heinrich Posthumus Reuß in Gera. Die damals und später noch einmal durchgeführten Recherchen in Nürnberg, wo die Bronzeplastik gegossen worden war, ergaben, dass sich dort keinerlei Unterlagen zum ehemaligen Denkmal befinden. Die Gießerei wurde im Krieg bombardiert. Der Verein erwog, durch einen Nürnberger Bildhauer eine neue Bronzeplastik nach historischem Vorbild und vorliegenden Fotos fertigen zu lassen. Der berechnete Kostenaufwand lag in einem höheren sechsstelligen Bereich. Letztlich gelang dieses Vorhaben nicht. Der Verein ging vor vielen Jahren davon aus, die Plastik in alter Form im Wachsausschmelzverfahren herstellen zu lassen. Doch neuere Verfahren, wie 3-D, eröffnen heute andere Möglichkeiten. Der Lions Club Gera, der sich bis heute aktiv an der Neuanschaffung und -aufstellung von größeren Bronzeplastiken in der Stadt engagiert, beabsichtigte damals sogar ein Benefizkonzert zur Wiedererrichtung des Posthumus-Denkmals. Vielleicht sollte man diesen Gedanken wieder aufgreifen. Der Posthumus-Verein existiert noch, befindet sich jedoch in einer ruhenden Phase.

Inzwischen gibt es eine Anzahl von Geraer Einwohnern, die durchaus bereit sind, sich auch finanziell an einer neu zu schaffenden Denkmalplastik zu beteiligen. Doch zuvor solle eine öffentliche Diskussion angestoßen werden, an der sich auch Stadtrat und Stadtverwaltung beteiligen sollten. Schließlich ist die Plastik auch im Zusammenhang mit der beabsichtigten Öffnung der ehemaligen Gruft der alten Johanniskirche auf dem Johannisplatz zu sehen.

Alte Dokumente gesucht

Aus vorliegenden privaten Fotos sind viele Einzelheiten am Denkmal sichtbar. Doch vielleicht gibt es noch weitere solcher Aufnahmen im Privatbesitz. Schön wäre es, wenn Bürger weiter ihre Fotos zur Verfügung stellen würden. In einer ersten Phase geht es darum, die Vereinstätigkeit zu aktivieren, Verantwortlichkeiten und Eckpunkte festzulegen und ein Netzwerk aufzubauen. Wer Interesse hat und sich für die Schaffung eines neuen Posthumus-Denkmals engagieren will, kann sich per E-Mail melden unter: gera-skulpturen@gmx.de

Der Autor

Manfred Otto Taubert (70) ist der Autor des Buches „Plastiken und Skulpturen in Gera“, das 2014 erschien. 2016 beispielsweise kehrte dank seines Einsatzes und mit Hilfe von Spendern die Marmorplastik Aufbrechende florale Form vor das Kultur- und Kongresszentrum zurück. Sie war beim Abriss der Bowlingbahn abtransportiert worden. Seit 2013 hatte er darum gerungen, die Arbeit von Peter Makolies, die offiziell „Kunst und Kultur“ heißt, zurückzuholen.

Manfred Otto Taubert (OTZ 28.01.2022)