Warten auf Tsukahara und Riesenfelgen Turnen


Die 14-jährige Pauline Spies vom TV Gera plant eine Wachablösung im Thüringer Turnsport. Derzeit besucht sie die WM in Stuttgart

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Turnen. An ihrem Lieblingsgerät, dem Schwebebalken war die 14-jährige Pauline Spies vom TV Gera die beste Turnerin beim jüngsten Landesliga-Finale in Bad Blankenburg. Foto: Jens Lohse

Gerade einmal 1,51 m misst sie. Dennoch gehört Pauline Spies vom TV Gera zu den größten Talenten des Thüringer Turnsports, hat das Potenzial, in die Fußstapfen der Sondershäuser Serienmeisterin Lara-Nele Angelstein zu treten. Ihr Leistungsvermögen deutete die 14-Jährige beim Landesliga-Finale in Bad Blankenburg an. Mit 55,05 Punkten turnte die Neuntklässlerin vom Geraer Goethegymnasium/Rutheneum seit 1608 den besten Vierkampf ihrer Laufbahn.

Mit 15,10 Zählern für ihre Schwebebalken-Übung besiegte sie dort sogar Lara-Nele Angelstein, die allerdings das Gerät einmal unfreiwillig verlassen musste. „Der Schwebebalken ist mein Lieblingsgerät. Das ist wie Sekt oder Selters. Ein Salto rückwärts ist auf dem Boden bei weitem nicht so spannend wie auf dem Balken“, sagt Pauline Spies, die im Vorschulalter mit dem Turnen begann. „Sie ist enorm souverän auf dem Schwebebalken, bewegt sich ganz normal, wackelt nicht. Das ist wohl ihre mentale Stärke“, erzählt Vater Ralf Spies, der nicht nur aufgrund der familiären Bande bei den Wettkämpfen dabei ist, sondern auch als Vereinsvorsitzender des Turnvereins Gera fungiert. Den Weg ans Sportgymnasium nach Chemnitz wollte die Familie freilich nicht wagen.

„In der Grundschule haben wir über diese Möglichkeit gesprochen. Aber Pauline wollte auf keinen Fall von zu Hause weg. Sonst wären wir diesen Weg sicherlich mitgegangen. Allerdings ist die körperliche Belastung für die jungen Turnerinnen enorm“, so der Papa.

Die Fortschritte von Pauline Spies sind signifikant. Im Frühjahr musste sie wegen Leistenproblemen kürzer treten. Ein Wachstumsschub war die Ursache. Dennoch feilte sie weiterhin an ihrem Repertoire, arbeitete fleißig am Tsukahara beim Sprung und an den Riesenfelgen am Stufenbarren. „Wenn alles klappt, könnte ich beide Elemente schon in der nächsten Landesliga-Saison im Wettkampf zeigen und damit Lara-Nele Angelstein den Kampf ansagen. Ich will sie schlagen, nicht wenn sie einen schlechten Tag hat, sondern wenn sie in Bestform ist. Ich hoffe, dass die Sondershäuserin dem Turnen im Freistaat noch lange erhalten bleibt. An ihr kann ich mich orientieren“, erklärt der Turnfloh aus Gera selbstbewusst.

Die Wachablösung im Thüringer Turnsport ist perspektivisch ihr Ziel. Derzeit wird dreimal in der Woche geübt. Nicht nur beim TV Gera, auch beim TSV 1880 trainiert sie einmal abends mit, wo Tibor Birnstock mit ihr an den Sprüngen feilt. „Auch im Turnen sitzen wir in Gera alle in einem Boot. Ich will nicht, dass sich die beiden Vereine bekämpfen, ich will, dass sie Allianzen schmieden. Schnittstellen gibt es genug. Wir haben beide das gleiche Ziel“, so Ralf Spies.

Dass seine Tochter nicht das einzige Aushängeschild des Vereins ist, bewies das jüngste Landesliga-Finale in Bad Blankenburg. Lediglich 0,70 Punkte fehlten der Riege des TV Gera auf das siegreiche Sondershäuser Quartett, das von den Elsterstädterinnen beim Sprung und am Schwebebalken bezwungen wurde. „So nah dran waren wir noch nie. Dabei haben die Mädchen noch gar nicht alles umgesetzt. Am Boden haben wir 2,4 Punkte verschenkt, weil wir bestimmte Elemente gar nicht geturnt haben“, verriet Cheftrainerin Elke Klemmert. Viel Lob erntete Lea Charlotte Wagner, die mit 51,35 Zählern den drittbesten Mehrkampf des Tages absolvierte.

„Auch sie hat enorme Fortschritte gemacht. Wir planen, mit Pauline Spies und Lea Charlotte Wagner im nächsten Jahr einen Start beim Deutschland-Cup ins Visier zu nehmen“, so Elke Klemmert. Derzeit weilen die Geraer bei der Turn-Weltmeisterschaft in Stuttgart. „Meine Favoritin ist natürlich die US-Amerikanerin Simon Biles, nicht nur weil sie noch neun Zentimeter kleiner ist als ich. Natürlich drücke ich auch den deutschen Turnerinnen Elisabeth Seitz und Sarah Voss die Daumen.“