30 Jahre Musikspezialklassen in Gera
Das Goethe-Gymnasium/Rutheneum 1608 in Gera feiert am Wochenende "30 Jahre Musikspezialklassen".
Es war eine verrückte Zeit damals am 1. September 1989, als acht Wochen vor der politischen Wende am Goethe-Gymnasium/Rutheneum 1608 die erste Musikspezialklasse für den Bezirk Gera anfing. Drei Jungen und 21 Mädchen. Der Grund war damals ein akuter Mangel an Musiklehrern – ein Problem, das übrigens nicht nur die DDR hatte und auch heute noch besteht.
Rainer Müller, der 1976 seine Laufbahn als Musik- und Deutschlehrer an der 23. Polytechnischen Oberschule in Gera-Lusan begann und ab 1982 in der Fachkommission für Musik tätig war, bekam von oben den Auftrag, eine solche Spezialklasse in Thüringen anzusiedeln. Sechs Monate lang reiste er wöchentlich durch die Republik, besuchte Musikspezialklassen in Potsdam, Zwickau und Wernigerode, um ein Konzept für Gera zu erstellen. Großes Manko: Die Schule konnte ihre künftigen Musikklässler nicht auswählen und diese mussten sich schon vor Eintritt verpflichten, nach dem Abitur Lehramt für Musik zu studieren.
Dann kam die Wende. Vieles stand auf dem Prüfstand, es gab schließlich ein Auswahlverfahren für die Schüler, aber anschließend auch freie Studienwahl. Doch mit den Musikspezialklassen in Gera ging es unter der Leitung von Rainer Müller stetig aufwärts. Und das sehr erfolgreich, sodass man jetzt im September deren Jubiläum feiern kann am Goethe-Gymnasium/Rutheneum: nämlich 30 Jahre Musikspezialklassen. Bereits 1995 – zu dieser Zeit zählte das Gymnasium vier Spezialklassen – begann Rainer Müller gemeinsam mit seinem Team an Musiklehrern mit dem Konzertchor an internationalen Wettbewerben teilzunehmen. Künstlerisch wurde der Chor da bereits von Christian K. Frank geleitet. Und schon der erste Wettbewerb in Budapest wurde zum Erfolg: Gold für den Konzertchor. Unzählige Goldmedaillen folgten in den Jahren bis zur Krönung im März 2015, als der Konzertchor beim New York Choral Festival in der legendären Carnegie Hall ebenfalls Gold erreichte. Mit New York hatten die Geraer an allen nationalen und internationalen Wettbewerben mit Rang und Namen teilgenommen – es gab nichts Größeres mehr. Doch dieser Erfolg hält seither auch in den folgenden Jahrgängen an. Wer „ans Goethe“ kommt, besucht zunächst ein normales Gymnasium. Ab der neunten Klasse gibt es dann neben zwei bis drei normalen Abiturklassen eine Musikspezialklasse, die ihren Abschluss in der 13. Klasse macht. „Denn diese Schüler investieren sehr viel Freizeit in ihre musikalische Ausbildung und Konzertreisen. 16 Kollegen übernehmen bei uns den Musik- und Spezialunterricht für unsere Schüler“, erklärt Elke E. Arnold, die ab diesem Schuljahr kommisarisch die Leitung der Musikspezialklassen übernommen hat. Nach 43 Jahren Lehrerdasein und 30 Jahren Engagement für die Musikspezialklassen hatte sich im Sommer Rainer Müller in den Ruhestand verabschiedet.
Um Schüler müsse man sich nicht sorgen, so die Leiterin. Eher um die finanziellen Mittel. Etwa 50 Anmeldungen gebe es jedes Jahr für die eine Klasse mit maximal 25 Schülern. Wer sie absolviert, ist bestens vorbereitet auf eine weitere musikalische Karriere. In dieser Woche wird nun erst einmal groß gefeiert – mit den Schülern, Eltern und Wegbegleitern, mit vielen Ehemaligen, die zum Festkonzert wieder nach Gera kommen, und natürlich auch mit Rainer Müller, der sich drei Jahrzehnte lang um den Erfolg der jungen Musiker verdient gemacht hat.