Geraer Band vertritt Thüringen beim Bundesausscheid des Wettbewerbs „Local Heroes“
Bandmitglieder sind ehemalige Schüler der Musikspezialklassen des Rutheneums
Häufig wollen Eltern, deren Sprösslinge in künstlerische Bereiche streben, diese von ihren „fixen Ideen“ abbringen. Bei den vier jungen Musikern der Geraer Band „The Great Cascade“ ist das anders. Hier begleiten die Eltern die Band zu Konzerten. Vor allem die Mütter engagieren sich stark. Da kann es schon mal vorkommen, dass eine der Mütter für ein dreiviertelstündiges Konzert mit dem Zug nach Dresden fährt, um danach die nächste Bahn wieder zurück zu nehmen. Vermutlich ist es die besonnene Sicht der Nachwuchsmusiker auf das schwierige Musikgeschäft, die die Eltern beruhigt und sie wohl zu den größten Fans ihrer Söhne werden ließ. Denn in erster Linie studieren Pianist Florian Rauh (26), Drummer Benjamin Berrang (24) und Gitarrist Jonathan Hammer (23) in Jena Lehramt beziehungsweise Bio-Geowissenschaften. Frontmann und Bassist Lukas Komann (23) arbeitet in Gera als Veranstaltungsorganisator.
Am Samstag, dem 10. November, steht der vermutlich bedeutsamste Auftritt in der Bandgeschichte an: Dann vertreten die Geraer das Land Thüringen beim Newcomer-Bandwettbewerb „Local Heroes“ im sachsen-anhaltischen Salzwedel. Anfang September hatte „The Great Cascade“ den Landesausscheid in Erfurt gewonnen.
Gegründet hat sich die Band 2014 unter dem Namen „My Broken Lightmare“. Obwohl die Mitglieder teils dieselbe Musikklasse im Goethe-Gymnasium besucht haben und miteinander befreundet waren, kam ihnen erst nach der Schule die Idee, gemeinsam Musik zu machen. Zuvor hatten nur Lukas und Jonathan zu zweit den Metal-Bereich ausgelotet. Ein Auslöser für die Bandgründung war dann unter anderem Benjamins Abi-Prüfungskonzert im Schlagzeugspielen, bei dem er Lukas als Bassist dabei haben wollte.
Die ersten zwei Jahre nutzten die Ostthüringer, um sich auszuprobieren. 2016 benannten sie sich dann in „The Great Cascade“ um. „My Broken Lightmare“ erschien ihnen zu sehr in Richtung Heavy Metal zu weisen, eine irreführende Assoziation. Die Band beschreibt ihren ins Ohr gehenden Sound selbst als eine Musik, die „von lebensbejahendem Folk Pop bis hin zu melancholischem Alternative Rock reicht“. Ein großes Thema ist darin die Liebe, wobei die Songs alle auf Englisch gesungen werden. „Ich kann mich auf Englisch am besten ausdrücken“, sagt Frontmann Lukas. An der Entstehung der Songs sind alle vier beteiligt.
Und was meint „The Great Cascade“? Der Name sei inspiriert von einem philosophischen Modell, erläutert Lukas. Es beschreibe die Verkettung von Ereignissen, die jeweils auf Vorangegangenem aufbauen. Verliere beispielsweise ein Mann seinen Job, könne das verschiedene Entwicklungen auslösen. Er könnte in der Folge noch Frau und Haus verlieren und komplett abstürzen. Er könnte aber auch eine positive Entwicklung nehmen, einen neuen besseren Job bekommen. Kaskade sei letztlich eine Metapher fürs Leben.
Unter neuem Namen brachte das Quartett 2017 seine erste EP heraus, eine Art Minialbum mit fünf berührenden Songs. „Shelter“ heißt sie und ist bei allen gängigen Internetplattformen erhältlich, von Spotify über Apple Music und Google Play Music bis Amazon. „Auf Youtube kann man sie sogar inzwischen kostenlos hören“, sagt Gitarrist Jonathan.
In den letzten eineinhalb Jahren haben die Musiker verstärkt auf Bandwettbewerben gespielt. Und das mit Erfolg: So gewannen sie den L’abore-Contest, der ihnen das Eröffnungskonzert zum gleichnamigen Festival sicherte. Beim „Jenalapooza“ im Kassablanca wurden sie kürzlich von den antretenden Bands zur besten Gruppe gewählt. Außerdem erhielten sie den Jurypreis für das innovativste Konzept.
Diesen November geht es für die Geraer wieder ins Studio. Dann wollen sie an ihrer neuen EP arbeiten, die nächstes Jahr veröffentlicht werden soll. Ein Song nebst Video ist bereits fertig. Neben drei weiteren Liedern soll auch ein zweites Video entstehen. Dabei können sie auf einen Gutschein zurückgreifen, den sie beim Thüringer Ausscheid von „Local Heroes“ gewonnen haben. Sponsor Deutsche Bahn wird die Produktionskosten übernehmen.
Nächstes Konzert: Freitag, 30. November, 18 Uhr, Kassablanca Jena
Ulrike Merkel (03.11.18, OTZ)