Campus Rutheneum: Puzzleteile aus Geras Stadtgeschichte


Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege retten vor dem Schulneubau, was der Boden seit Jahrhunderten schützte.

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Grabungszeichnerin Gabriele Thiergen überträgt hier das Profil, also die vertikale Ansicht dieser frei gelegten Außenmauer an der Burgstraße, maßstabsgetreu auf Millimeterpapier. Foto: Sylvia Eigenrauch

Gera. Sie sieht aus wie Ziegelstaub, ist aber eine Brandspur. Eine rote Ader, die sich über die in Lehmmörtel gesetzten Steine einer alten Mauer zieht und nicht vom Regen der vorletzten Nacht abgewaschen wurde. Dirk Fuhrmann ist beeindruckt von diesem Fund. Der örtliche Grabungsleiter des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege Thüringen machte ihn mit seinen drei Mitstreitern in 1,80 Meter Tiefe an der Burgstraße. Dass die Brandspur vom Großen Geraer Stadtbrand 1780 stammen könnte, ist gegenwärtig nur eine Vermutung. Zunächst wird gerettet, was der Boden die Jahrhunderte bewahrt hat. Erst danach könne aus den Puzzleteilen Stadtgeschichte geschrieben werden.

Die Mauer mit der Brandspur liegt unter dem Näglerschen Haus, das 1945 im Krieg zerstört wurde. Auf Stadtplänen aus dem 17. Jahrhundert ist es schon eingezeichnet. Aus heutiger Sicht stand es gegenüber der Einmündung der vom Kornmarkt kommenden Florian-Geyer-Straße auf die Burgstraße. Es war eine barocke Anlage. Pfeilerbauten, mit Kalkmörtel gesetzt, und ein imposantes Säulenfundament künden davon. Zuvor gab es hier um 1400 den Freihof. Unweit des Klotzschen Stadttores war er abgekoppelt von der Stadt und an der Hauptstraße ins Stadtinnere rechtlich dem Landesherrn unterstellt. Für die Stadtgeschichte ist das Areal von großer Bedeutung. Doch die Keller und Tiefkeller – keine Höhler – die jetzt frei gelegt wurden, lassen Dirk Fuhrmann abwinken. „Mit der Baugrube für die Keller wurden Fundstätten zerstört“, sagt er.

Füllschichten und Baustrukturen sind die eigentlichen Geschichtenerzähler. In einer solchen Füllschicht aus Abfall und Schutt fanden die vier Mitarbeiter des Landesamtes einen Krug mit grüner Innenglasur, der vermutlich aus dem 15. oder 16. Jahrhundert stammt.

Auch den Fuß eines Grapen, jenes keramischen Kochgefäßes mit Innenglasur aus dem 15. Jahrhundert, das auf drei rußgeschwärzten Füßen auf dem offenen Feuer stand, wurde entdeckt. Bis Oktober soll weitergegraben werden. Um die alten Keller herum.