Grabungsteam findet womöglich archäologische Sensation für Gera


Auf dem Gelände für den Campus Rutheneum wurde ein Mauerrest gefunden. Dass er zu einer Vorgänger-Stadtmauer gehört, ist möglich.

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Bei den Grabungen auf dem Gelände des Campus Rutheneum an der Burgstraße wurden Mauerstrukturen aus dem Mittelalter entdeckt. Foto: Peter Michaelis

Gera. Noch ist nichts bestätigt. Doch der etwa sechs Meter lange, frei gelegte Mauerteil der auf der Baustelle für den Campus Rutheneum parallel zur Geraer Burgstraße entdeckt wurde, könnte zu einem Vorgängerbau der bisher bekannten Stadtmauer gehören. Würde das bestätigt, wäre das eine archäologische Sensation für Gera. Gefunden wurde die Gründung der etwa 1,20 Meter dicken Mauer aus dem 12./13. Jahrhundert auf einem Niveau, etwa zwei Meter tiefer als die heutige Burgstraße. Zuvor hatte man dieses Areal unter dem Näglerschen Haus als Nebenschauplatz eingeordnet.

Der örtliche Grabungsleiter Dirk Fuhrmann nimmt das Wort „Stadtmauer“ nicht in den Mund. Zu vage ist ihm die Vermutung. Dabei spricht die Lage für die „eiserne Abfolge: Gewässer, Weg, Siedlung“, die man seit dem Neolithikum kenne, meint er. Der Mühlgraben im Bereich der heutigen Reichsstraße ist das Gewässer, gestern kratzte Gabriele Thiergen das Pflaster eines möglichen Weges an der Mauer frei und hinter dieser begannen die Wohnhäuser. Die heutige Burgstraße war Hauptverkehrsader in die Stadt, sobald das Klotzsche Stadttor passiert war.

Seit Mitte August graben sich Mitarbeiter des Thüringer Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege in die Tiefe. Der Hauptschauplatz der Grabung ist das Areal des ehemaligen Landtagsgebäudes. Es war bis zur Zerstörung 1945 der Südflügel, der das einst dreiflügelige Reußische Regierungsgebäude abschloss. Im letzten Kriegsjahr wurde auch das Näglersche Haus, eine barocke Anlage, zerstört. Im Hof zwischen beiden Gebäuden hoffen die Grabungsmitarbeiter, dass der dort anstehende Boden alte Schätze freigibt. Gestern wurde an der Südmauer des Landtagsgebäudes eine Grube mit Brandschutt geöffnet. Sie könnte dort nach dem Großen Geraer Stadtbrand 1780 angelegt worden sein. Noch nicht gelüftet ist das Geheimnis eines Verbaus aus Bruchsteinen im Innern des Südflügels. Alte Karten weisen hier einen Brunnen aus.

Geht es nach dem Grabungsteam, kann es sich vom Areal noch nicht losreißen. Der Bagger drängelt, die Baugrube für das neue Schulhaus zu graben. Doch danach bliebe nichts vom Geraer Mittelalter an der Stelle. Der bisher dokumentierte Verlauf der Stadtmauer führte von der Südwest-Ecke des Regierungsgebäudes um die neue Turnhalle die Florian-Geyer-Straße hinauf. Vielleicht gab es doch eine Vorgänger-Mauer?

Sylvia Eigenrauch