Campus Rutheneum in Gera: Auf dem Weg zum Rohbau


Auf dem entstehenden Campus Rutheneum laufen die Sicherungsarbeiten am Reußischen Regierungsgebäude

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Projektverantwortlicher Sven-Gunnar Diener führte durch das arg mitgenommene Gebäude. Foto: Peter Michaelis

Gera. "Das ist nicht irgendeine Baustelle, nicht irgendein Haus. Vielmehr sorgen wir für den Erhalt eines der ältesten, das Stadtbild prägenden Gebäude." Damit hat Sven-Gunnar Diener zweifelsohne Recht. Er ist der städtische Projektleiter für alle Schulbaumaßnahmen sowie die Sanierung der Orangerie – ist also bewandert im Überblick-Behalten bei kniffligen Großbaustellen, die jeden Tag neue Überraschungen bereit halten.

Nachdem im Mai dieses Jahres auf dem Johannisplatz am Goethegymnasium/Rutheneum mit den Sicherungsmaßnahmen am Reußischen Regierungsgebäude begonnen wurde, bekommen Passanten mittlerweile einen Eindruck von dem, was hier bald Teil des Campus werden wird. Seit Monaten wird Bauschutt aus dem Gebäude geschafft, denn auch der Grundriss des Hauses wird an die künftige Schulnutzung angepasst. Zwischen 30 und 40 Bauarbeiter sind im Einsatz, um der aus dem 17. Jahrhundert stammenden und teils maroden Immobilie wieder auf die Beine zu helfen. "Hier wird mitten im Stadtzentrum ein Stück Stadtgeschichte wieder in Ordnung gebracht", herrscht laut Stadtsprecher Uwe Müller im Rathaus Freude über die Sanierung. Im Dachgeschoss werden momentan kaputte Holzbalken erneuert oder durch Stahlbetonträger ersetzt, die Arbeiten am Dach selbst sind in vollem Gange. "Zum Glück konnten wir das meiste Holz erhalten, auch wenn an einigen Stellen über viele Jahre Nässe eingedrungen ist", sagt Diener. Wie er erzählt, werden alle Fußböden aufgemacht, um den Unterbau zu kontrollieren. Auf Holzbalken und Spanholzplatten wird dann Beton aufgetragen. "Das erhöht die Traglast und sichert den Brandschutz ab", meint er.

Auch wenn das Mansardengeschoss unausgebaut bleibt und auch der Keller nicht genutzt werden soll, zu tun gibt es jede Menge. Alte mit Stroh unterfütterte Decken und brüchige Holzgeländer müssen ab und drei Treppenhäuser mit neuen, original nachgebauten Elementen versehen werden.

Aus denkmalschützerischer Sicht wird der Charme des alten Gemäuers erhalten, etwa, indem Säulen und Bögen instand gesetzt werden, ebenso wie noch vorhandener Stuck und der Großteil der Kamine – wenn auch diese nicht zur Nutzung bestimmt sind. Die alten Holzfenster werden durch Spezialanfertigungen mit getönten Scheiben ersetzt und die noch vorhandenen historischen Holztüren außerhalb der Baustelle aufbereitet und wieder eingebaut. „Die Sicherungsarbeiten sollen das Haus in einen Zustand eines ausbaufähigen Rohbaus bringen, das heißt, Dach, Fenster, Fassaden und Statik werden soweit ertüchtigt, dass danach die eigentliche Sanierung beginnen kann“, sagt Diener und spricht von einer anspruchsvollen Planung, die nicht aufhört, solange die Sicherung nicht beendet ist.

Bis dahin werden noch einige Monate ins Land gehen. Mitte 2018 müssen die rund drei Millionen Euro Fördermittel für die umfangreichen Sicherungsarbeiten abgerechnet sein. "Bis dahin müssen wir alles schaffen, dazu gibt es keine Alternative", betont der Projektleiter. Spätestens zu diesem Zeitpunkt soll auch erst einmal Ruhe in das Regierungsgebäude einziehen, denn ein wichtiger Trocknungsprozess wird angeschoben. "Seit Anfang der 90er-Jahre steht das Haus leer und ist an verschiedenen Stellen undicht gewesen. Wasser und Nässe sind so das Hauptproblem in diesem Objekt", erklärt Diener. Die Grundmauern des Hauses wurden daher horizontal durchgesägt und mit einer Barriere versehen. Doch erst die Durchlüftung, eventuell unterstützt durch chemische Verfahren, schließt den Trocknungsprozess ab.

Für die damit vorbereitete Sanierung will die Stadt im November dieses Jahres den Fördermittelantrag stellen. Ende 2019 hält sie den Abschluss der Sanierung sowie des daneben entstehenden Schulneubaus, den Aufbau der neuen Turnhallen und den dreier Freiflächen für realistisch.

Christine Schimmel (13.09.2017>

Kommentar

Christine Schimmel ist stolz auf die Abrissbirne Sicher kann man sich über die Aufwertung des Rutheneums durch einen teuren Campus streiten.

Man könnte in die Neid-Debatte einsteigen, die bisweilen nachvollziehbar seitens der anderen Geraer Schulen geführt wird, die ebenfalls seit Jahren in sanierungsbedürftigen Objekten sitzen und hunderte Kinder beschulen.

Ungeachtet dessen, dass es sich also um eine Schule handelt, die auf dem Johannisplatz mit viel Aufwand gerade schick gemacht wird, ist es aber auch ein Fakt, dass auf einem für die Stadt wichtigen Standort eben nicht einfach die Abrissbirne anrollt. Geschichtsbewusstsein und Stolz auf die Stadt kann sich eben nur entwickeln, wenn sie auch eine vorzeigbare Geschichte hat. Hier wird einem seit langem verdreckten, in sich zusammenfallenden Haus endlich wieder Leben eingehaucht, das der Stadtmitte so längst nicht mehr zu Gesicht stand.

Wenn die Bauarbeiten erledigt sind, sich auf dem Campus Schüler tummeln und auch die kompletten Außenanlagen wieder zum gepflegten Ensemble aus Rutheneum, Stadtapotheke, Marktplatz und Stadtmuseum passen, dann wird hoffentlich jedem klar werden, dass der Campus mehr ist als ein Vorzeigeschulbau.